Cyber Goth

Totgesagte leben länger. Der Cybergoth - auch Knicklichtgrufti genannt - tauchte vor etwa 20 Jahren in der Schwarzen Szene auf. Offensichtlich gefielen den Leuten die damaligen Musikrichtungen, die in der Szene angesagt waren. Vielleicht waren es Raver, die Gothic für sich entdeckten, oder Gothics, denen Techno gefiel. Auf jeden Fall wurde es quietschbunt, laut und ziemlich nervig - aus Gothic-Sicht: neonfarbene Haarteile und Puscheln an den Beinen, Schweißerbrillen und Gasmasken zu höchst anstrengenden Körperbewegungen, die bei unbedarfter Annäherung Verletzungsgefahr bedeuteten.


Der Cyber Goth bestürzte die Szene auf der Tanzfläche durch das Auftreten in größeren Gruppen, die teilweise erstaunlich synchrone Bewegungsabläufe präsentierten. Man mied die grellen, lauten, bunten, hektischen Kandidaten, die in die Szene drängen wollten, aber so gar nicht zu den ungeschriebenen Gesetzen und Verhaltensweisen der Gothics passten. Etwa zehn Jahre nach seinem Auftauchen wurde es stiller um den Cyber Goth. Entweder war man dem Stil entwachsen, oder die Anfeindungen aus der Gothic-Szene, der die „Glühwürmchen“ ein Dorn im Auge waren, hatten gefruchtet. Vereinzelte Cyber auf Veranstaltungen und Festivals gibt es noch immer und sie werden auch heute noch nicht mit offenen Armen empfangen.


Typische Klamotten


Bunt muss es sein. Maximal bunt! Die Cyber-Mädchen tragen häufig knappe Röcke und Netzstrumpfhosen, die in knallbunten Puscheln an den Knöcheln enden. Die Oberteile sind bauchfrei und mit zerrissenen Strumpfhosen bedeckt. Ein Stilmix, der erstmals Elemente der Rave-Szene in die schwarze Szene trug. Cyber-Jungs bestachen durch viel zu große Hosen mit Bändern und Metallringen, die die Stakkato-Tanzbewegungen dramatischer erscheinen ließen.


Typisches Makeup


Da man aufgrund von Gasmasken, Masken und riesigen Haarteilen nicht allzu viel vom Gesicht sieht, beschränken sich die Mädchen auf farblich harmonierenden Lidschatten und breiten Kajal-Strich. Die Jungs sind deutlich schminkfauler und verwendeten in der Regel kein Makeup. Ab und zu sieht man aber leuchtende Streifen im Gesicht und bunten Lippenstift.


Typische Frisur


Die Haare sind das wichtigste Merkmal der Cyber. Riesige Büschel aus amerikanischem Geschenkband sehen aus wie Plastik-Dauerwellen und nehmen einen Großteil des Erscheinungsbildes ein. Diese Cxberlox schillern in den knalligsten Neonfarben. Meist baute man sich daraus komplette Haarteile und Zöpfe. Erfahrene Cyber mit einem größeren Geldbeutel verwenden Dreadlocks in knatschbunten Färbungen, die sie sich ins Haar flechten lassen. Auch sogenannte Foamies wurden ein Renner. Das sind bunte Moosgummistreifen, die als Alternative zu den Cyberlox fungierten, und aussahen wie eine Portion bunte Nudeln, die man dem Cybergoth über den Kopf geschüttet hat.


Typische Musik


Der Cyber bevorzugt schnelle, technoide Tanzrythmen, die seiner Choreographie nützlich sind. Bands aus den Genre Hellelectro und Aggrotech sind besonders beliebt. Agonoize, Nachtmahr, Combichrist und Grendel befeuerten das Publikum und bestachen durch energiegeladene Bühnenshows. Die Musik hat die Cyber-Schwemme allerdings überlebt, denn entsprechende Label werden nicht müde, immer wieder neue Bands auf den Markt zu bringen.