Der Mensch braucht Schubladen, um die Welt zu ordnen, und selbst in einer Subkultur wie der Gothic Szene versucht man, sich selbst und andere zu definieren. Das Ergebnis sind zahlreiche lustige oder auch ernstgemeinte Illustrationen, die im Internet herumschwirren und Gothic-Typen erklären sollen. Wer sich aber in der Szene bewegt, wird schnell feststellen, dass sich alle Stile im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger vermischt haben. Dennoch orientieren sich Gothics mit ihrem Outfit an bestimmten Ur-Typen und an neuen Einflüssen. Dies sind einige davon:
Der Mensch braucht Schubladen, um die Welt zu ordnen, und selbst in einer Subkultur wie der Gothic Szene versucht man, sich selbst und andere zu definieren. Das Ergebnis sind zahlreiche lustige oder auch ernstgemeinte Illustrationen, die im Internet herumschwirren und Gothic-Typen erklären sollen. Wer sich aber in der Szene bewegt, wird schnell feststellen, dass sich alle Stile im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger vermischt haben. Dennoch orientieren sich Gothics mit ihrem Outfit an bestimmten Ur-Typen und an neuen Einflüssen. Dies sind einige davon:
New Romantic
Steve Strange, Kunststudent und später der Sänger der Band Visage, ist für den Stil der New Romantics verantwortlich. Er war Ende der 70er Jahre eine Größe in der Londoner Clubszene und veranstaltete Bowie- und Roxy-Music-Nächte. An der Tür seines Blitz Clubs ließ er nur Gäste durch, die ein möglichst ausgefallenes Outfit trugen. David Bowie war mit seiner Bühnenfigur Ziggy Stardust das frühe Vorbild für diese Idee. Wer sich das offizielle Video „Ashes to Ahes“ von David Bowie anschaut, entdeckt auch Steve Strange und einige andere Besucher des Clubs in typischen New-Romantic-Outfits. Auch in den Videos der Band Visage (Visage, Fade to Grey) spielen Make-up und Outfit eine große Rolle.
Die New Romantics fanden sich wegen der Mode zusammen, auch wenn sie einen ähnlichen Musikgeschmack aus New Wave, Synth-Pop und Diskobeats teilten. Zu den berühmten Vertretern dieses Genres gehörten auch Adam Ant oder Boy George. Charakteristisch war unter anderem das optische Verwischen der Geschlechter. Der romantische Piratenlook von Adam Ant wurde übrigens damals von Modedesignerin Vivienne Westwood kreiert.
Extravagant, dekadent und narzisstisch - mit diesen Eigenschaften wurden die New Romantics in der Öffentlichkeit beschrieben und sie waren nicht besonders beliebt - weder in der Presse noch in der Gesellschaft. Nicht einmal in der New-Wave-Szene stießen sie auf große Liebe, denn sie stellten nicht die Musik in den Vordergrund, sondern Outfits und Frisuren.
Mode war der New-Wave-Szene aber viel zu oberflächlich. Man sprach vom Ausverkauf des New Wave und zum ersten Mal sollte die Kritik an der Kommerzialisierung der Subkultur laut werden. Nicht zum letzten Mal, denn diese Kritik zieht sich bis heute durch. Die heutigen optischen Ausläufer der New Romantics findet man am ehesten in den japanischen Subkulturen wie Visual Kei wieder. Mode und Makeup von damals haben aber auch heute noch Einfluss auf die Schwarze Szene, die in dem Fall starke Farben und romantischen Prunk zulässt.
Waver
Die Waver waren die dunkle Fraktion der musikalischen Subkultur Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Bei ihnen war es - im Gegensatz zu den New Romantics - die Musik, die im Vordergrund stand, wenn auch das Outfit eine wichtige Rolle spielte. Die Waver überspitzten „Spießeroutfits“ und drückten ihnen so einen ironischen Stempel auf. Die toupierten Frisuren der 60er und 70er Jahre wurden im New Wave bis ins Absurde weitertoupiert und die Seiten einfach komplett ausrasiert. Die Anzugjacken wurden viel zu groß gekauft und schlabberten mit den Hemden und weiten Pumphosen um die Wette. Die Schuhe waren mit den Pikes nicht nur spitz, sondern wahnsinnig spitz und schon waren die gesellschaftlichen Kleidernormen ausgehebelt. Eine klare Abgrenzung. Ebenso fiel das Make-up auf. Nicht nur ein sanfter Lidstrich, sondern dicker schwarzer Kajalstrich, weit übers Auge hinaus. Keine hübsch geschminkten Lippen, sondern knallroter verwischter Lippenstift. Die vorherrschende Farbe war Schwarz, es gab aber auch viele bunte Klamotten. Dazu trug man überdimensionale Kreuze, Rosenkränze und esoterische Symbole, um die Religionshörigkeit der Gesellschaft zu überspitzen und um zu provozieren.
In den 80er Jahren waren es Musiker wie The Cure, Siouxsie and The Banshees, Anne Clark und Gary Newman, die neue optische und musikalische Richtungen aufzeigten. Robert Smith von The Cure, der Inbegriff des Wavers, hat übrigens zu Anfangszeiten auch noch weiße Turnschuhe und bunte Hemden mit viel zu großen Anzugjacken getragen.
Erst später, als die Szene nach und nach düsterer wurde, sattelte Robert Smith komplett auf Schwarz um. Die Waver werden zusammen mit den Gruftis der 80er Jahre noch heute als Oldschool Gothics bezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie tatsächlich in den 80ern schon dabei waren. Gemeint ist das Styling.
Gruftis
Die Gruftis sind das, was man größtenteils mit dem Begriff Gothic verbindet. Gruftis sahen aus, als seien sie frisch dem Horrorfilm entsprungen. Allerdings sind die Übergänge zwischen den Typen der Szene fließend und die Bezeichnungen erst nachträgliche Hilfsmittel, um zu gruppieren. Damals gab es keine Klassifizierungen. Es handelte sich tatsächlich um eine einzige Szene und den meisten Mitgliedern war es nicht einmal klar, dass sie eine neue Subkultur bildeten.
Die Waver wirkten für damalige Verhältnisse schon gewöhnungsbedürftig. Man begegnete ihnen mit Verachtung, Skepsis, Unverständnis und Vorsicht. Die Gruftis machten der Gesellschaft jedoch richtig Angst. Sie wollten nicht provozieren, sondern sich vollkommen abgrenzen und in Ruhe gelassen werden. Die Gruftis bezogen sich mit ihrem Outfit und ihrer Schminke auf die Darstellung von Vampiren in den späten 70er Jahren. „Tot schminken“ nannten sie es, wenn sie sich die Gesichter mit weißer Schminke verdeckten und die Augen mit schwarzem Lidschatten zu dunklen Höhlen malten. Okkult musst es sein, möglichst gruselig und symbolträchtig. Ihre Kleidung erinnerte an Talare und Nonnen-Gewänder. Sie trugen Schleier und schwarze Handschuhe wie Figuren aus Schauerromanen. Als Prototyp für den Grufti gilt zum Beispiel „Ratte“, die Anfang der 80er Jahre in einer Fotostory der Jugendzeitschrift Bravo zu sehen war.
Waver waren mit ihrem Erscheinungsbild einigermaßen gesellschaftsfähig, Gruftis nicht. So könnte man behelfsmäßig einen Unterschied formulieren. Der musikalische Gegensatz ist ebenfalls nur vage zu beschreiben. Man könnte vielleicht sagen, dass sich die Waver eher mit Synthesizern und auch mit helleren Klängen anfreunden konnten, während die Gruftis sich in düstere Klänge und tiefe Stimmen hüllten. Aber auch das ist nur ein Versuch der Unterscheidung.
EBMler
Auch die EBMler gehörten schon in den 80er Jahren zur Szene, wenn sie auch optisch und musikalisch von Gruftis und Wavern zu unterscheiden waren. Ihr Fokus lag auf der Electronic Body Music (EBM), die aggressiv und elektronisch an Marschmusik mit Parolen erinnerte. Die Wurzeln der Musik lagen im britischen Industrial gemischt mit Minimal-Electro. Der Gesang war eigentlich eher ein Grölen und erinnerte an militärischen Drill.
In Zeiten des kalten Kriegs thematisierte man in der elektronischen Musik Kampf und Militär und Krieg und Schrecken. Demensprechend kleidete man sich auch gerne in Tarnfarben mit Boots und Uniform. Auch die kühle und bedrohliche Industrialisierung war ein großes Thema. Der technische Fortschritt machte Angst, denn er wirkte seelenlos. Die EBM-Musik spielte damit - und ihre Anhänger ebenfalls. Selbst ihre Haare waren - zu Flattop-Frisuren gestylt - sehr eckig und kantig. Als Symbole dienten Maschinenteile. Das Motto hieß: „Arbeit, Schweiß und Muskelkraft“.
Während in den Anfängen DAF und Die Krupps bei uns ihr Unwesen trieben, waren es Bands wie Front 242, The Klinik oder Nitzer Ebb, die das EBM-Genre ausbauten. Bands wie Skinny Puppy und Ministry waren in Amerika Vorreiter.
Dass die Strömungen der Szene sich auch gegenseitig inspirierten, sieht man zum Beispiel an Depeche Mode, die extravagante Pop-Musik und Industrial-Sound miteinander kombinierten, das mit düsterem Styling verbanden und auch schon mal mit Vorschlaghammer auf der Bühne standen. Ein eindrucksvolles Beispiel für den Mix ist das offizielle Video zu „People are People“.
Gruftis
Bleiches Gesicht, dunkler Lidschatten, strenge Augenbrauen, böser Blick und eine gewisse abweisende Arroganz machen das Erscheinungsbild der klassischen Gruftis aus. Sie tragen wallende Kleidung und zwar ausschließlich in tiefem Schwarz. Pikes als Schuhwerk sind Pflicht, genauso wie düsterer Schmuck, am besten aus echten Tierknochen oder wahlweise in Silber: Krähenfüße, Totenköpfe, Pentagramme, Ankhs. Der Grufti trägt gerne Handschuhe und verschafft sich mit einem Fächer Abkühlung. Seine Lieblingstiere sind Fledermäuse, Spinnen und Raben. Als wärmende Kleidungsstücke dienen lange Mäntel oder Umhänge, gerne auch mit Kapuze. Haut zeigt der Grufti nicht. Nicht einmal im Gesicht, das mit weißem Makeup „totgeschminkt“ wird.
EBMler
Der EBMler zeigt sich kämpferisch und maskulin. Sogar die wenigen Frauen, die sich dieser Musik zugehörig fühlen, sehen oft aus wie harte Kerle – sofern man bei typischen Rollenklischees bleiben will, die in der Gothic-Szene eigentlich weniger vorherrschen. Eckig, kantig, militärisch muss es sein in der Electronic Body Musik (EBM). Die Farbe Schwarz hat hierbei nur selten die Oberhand. Es werden Tarnmuster und Olivtöne bevorzugt. Dazu trägt man Flattop-Frisur und Boots. Die EBM-Musik erinnert an Märsche mit aggressivem Sprechgesang. Der olivgrüne Ableger der Schwarzen Szene hat seinen Ursprung in der Post-Industrial-Musik, die unter anderem Gewalt, Krieg und Tod thematisierte. Oft wurden dazu auch Auszüge aus originalen politischen Reden in die aggressive Musik eingeflochten.
Schwarzromantiker
Sehr sanfte Vertreter der Schwarzen Szene sind die Schwarzromantiker. Sie kleiden sich in Samt, Seide und Brokat, lieben Rüschen und Korsagen, Hüte und das Viktorianische Zeitalter. Der weibliche Stil besteht aus ausladenden Kleidern, während die männliche Version mit Brokathose und Gehrock ausgestattet ist. Das bedeutet aber nicht, dass im Kleid nicht auch ein Mann und im Gehrock nicht auch eine Frau stecken kann. Die Gothic Szene spielt allgemein mit dem Verwischen der Geschlechter, was sich bei den Schwarzromantikern nahezu anbietet. Die überwiegend viktorianisch anmutende Kleidung wird mit düsteren Details und blass geschminkten Gesichtern ergänzt. Schließlich ist man immer noch Teil der Gothic Szene und das sieht man den Schwarzromantikern auch deutlich an.
Schwarzromantiker
Viele Jahre nachdem die Waver und die Gruftis den Anfang der Schwarzen Szene erlebten, entstand Mitte der 90er Jahre eine neue Strömung. Die Schwarzromantiker traten in den dunklen Kreis. Sie konzentrierten sich optisch auf das Viktorianische Zeitalter oder auf romantische Vampirfilme wie „Interview mit einem Vampir“. Viele schneiderten ihre aufwändigen Kleider originalgetreu nach. Die Unikate entstanden in Handarbeit nach historischen Vorbildern. Nicht immer, aber oft. Krienoline, Turnüre, Puffärmel, Reifrock, Fächer und Glockenrock für die Damen, Gehröcke, Uniformjacken, Zylinder, Gehstock und Rüschenhemden für die Herren. Das Viktorianische Picknick ist auf dem größten Gothic Festival, dem Wave Gotik Treffen in Leipzig, seit einigen Jahren fester Bestandteil des Festivals und selbst außerhalb der Szene sehr bekannt.
Weniger bekannt ist, dass die Schwarzromantiker es nicht so gerne haben, wenn man ihre Kleidung als Kostüm bezeichnet. Für sie selbst ist die Kleidung Teil einer nostalgischen Identität. Es liegt vielleicht nahe, die historische Kleidung eher im Theaterfundus als im normalen Kleiderschrank zu vermuten, aber diese Annahme ist falsch. Selbstverständlich gibt es immer auch Mitläufer, aber die echten Schwarzromantiker leben ihr Outfit mit Herz und vor allem mit Seele, selbst diejenigen, die nicht des Schneiderns mächtig sind. Ihre Szenezugehörigkeit zeigt sich zum Beispiel an Schmucksymbolen, an der gekalkten Haut, am Make-up und an den Schuhen.
Viele Schwarzromantiker tragen die Pikes der frühen Waver. Ihre Musik ist, wenn man denn eine Schublade aufmachen möchte, eher in der Neoklassik, im Ethereal Wave und im Pagan Folk zu finden. Typische Bands sind Dead Can Dance oder Faith and the Muse. Das bedeutet aber nicht, dass ein Schwarzromantiker nicht auch The Cure oder Nitzer Ebb hört. Auch hier ist die Einteilung nur ein Versuch.
Batcaver
Die Batcaver sind die neuzeitlichen Punks der Schwarzen Szene. Ihr Ursprung liegt im Post Punk und im Goth Rock, bei Bands wie den Virgin Prunes, den Sex Gang Children oder Alien Sex Fiend und Specimen. Sie alle sind im berühmten Batcave-Club in London aufgetreten, der Anfang der 80er Jahre der Treffpunkt der Szene in der britischen Hauptstadt war. Optisch waren im Post-Punk noch viele typische Punk-Elemente zu finden, zum Beispiel bei Stil-Ikone Siouxsie Sioux. Zerrissene Strumpfhosen, Netzhemden, Sicherheitsnadeln, Lederjacken, Nieten, Buttons, Boots.
Nach und nach verschwand dieser Kleidungsstil aus der Schwarzen Szene, bis er Mitte der 90er Jahre quasi von den Toten auferstand. Es traten Bands wie Cinema Strange oder Scarlet´s Remains auf die Bühne. Ihre Fans mixten ihre Outfits aus dem ursprünglichen Stil, dem Death Rock und dem Horrorpunk. Es entstand das typische Batcaver-Outfit im Gothic-Punk-Stil mit Deathhawk (einer düsteren Abwandlung des Irokesenschnitts), zerrissenem Netz, Leder- oder Anzugjacke, Patches, Boots und schaurigen Accessoires. Die Batcaver sind allerdings eher bekannt dafür, dass sie - statt Weltschmerz und den Tod zu thematisieren - dem bunten Horror huldigen und alles andere als besinnlich und introvertiert sind - Punks eben! Auch hier gilt: Verallgemeinerungen dienen nur einer groben Einteilung.
Cyber Goth
Wie der Cybergoth sich in die Schwarze Szene verirrt hat, weiß keiner so genau. Irgendwann nach der Jahrtausendwende waren sie da, die neonbunten Gestalten mit ihren Plastik-Dreadlocks, Bondage-Hosen und bunten Knicklichtern in der Hand, mit denen sie hektisch auf den Tanzflächen fuchtelten. Das Ganze erinnerte mehr an Techno und an die Raver-Szene. Vermutlich liegt hier auch das Einfallstor in die Schwarze Szene, die sich in den 2000ern musikalisch stark mit technoiden Musikrichtungen beschäftigte und damit eine Schnittmenge mit der Raver-Szene bildete.
Die Cyber wurden skeptisch beäugt und sogar angefeindet, weil sie den schönen schwarzen Rückzugsort empfindlich störten. Es fehlte jeglicher Bezug zur Schwarzen Szene und die Gothics konnten mit dem Verhalten, den Schweißerbrillen, Gasmasken, Mundschutz und grellen Neonfarben nichts anfangen. Der typische Industrial Dance der Cyber passte allenfalls noch zum EBM. Der Gruppentanz, bei dem sich die Tänzer aufstellten und synchron die Arme schleuderten, stieß auf komplettes Unverständnis.
Da die Gothic Szene dazu neigt, eher defensiv als offensiv zu handeln, wurden die neonfarbenen Cyber geduldet, aber ausgegrenzt. Nach und nach verschwand der Cyber Goth wieder aus den schwarzen Clubs. Auch auf den Festivals der Schwarzen Szene sind heute kaum noch Vertreter dieser Tanzclub-Endzeit-Romantik zu sehen. Und wenn, werden sie (un)heimlich belächelt und gemieden. Einzelne Style-Elemente wie der Mundschutz oder künstliche Dreadlocks sieht man weiterhin. Etablieren konnten sich die Cyber aber im schwarzen Underground nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Steampunk
Der Steampunk ist eine Spielart des Schwarzromantikers. Viktorianische Kleidung wird hier aber nicht mit der Schauerliteratur und Vampirgeschichten verknüpft, sondern mit fantastischen Geschichten und Abenteuerromanen - wie denen von Jules Verne oder H-G. Wells, oder auch mit Filmen wie „Wild Wild West“ mit dem Schauspieler Will Smith.
Flugmaschinen, Dampfantrieb, Roboter, Raketen und Computer streiften Fantasy, Horror und das Viktorianische Zeitalter. Heraus kam eine äußerst kreative neue Strömung in der Szene, die sich mit ihren Outfits und vor allem ihren Accessoires und ihrer Liebe zum Detail etablieren konnte. Dennoch gibt es signifikante Unterschiede zu anderen Subszenen. Steampunks leben mit ihrem Stil eine Freizeitkultur mit Spaß an der Verkleidung und der Bastelei - fast so wie Rollenspieler. Ihr Outfit dient nicht unbedingt der Abgrenzung, sondern der Unterhaltung.
Die Steampunks ließen aber den alten Do-it-yourself-Gedanken aufleben, der früher in der Waver- und Gruftiszene und später bei den Schwarzromantikern vorherrschte. Sie beeindruckten dabei mit selbstgebauten Konstruktionen, selbstgenähter Kleidung und enormem Einfallsreichtum. Auch musikalisch gab es hier und da Anknüpfungspunkte. Inzwischen bilden die Steampunks mit eigenen Festivals, Veranstaltungen und Märkten eine ganz eigene Szene. Dennoch sind sie auf großen Gothic Festivals häufig zu bewundern, zum Beispiel beim Viktorianischen Picknick auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig.
Batcaver
Batcaver mögen es abgerissen, aufgerissen und punkig. Sie verwenden jede Menge Strumpfhosen für ihre Outfits, sei es als Oberteil, als Schmuck für die Stiefel oder als Beinkleid. Selbstverständlich nicht, ohne das Nylon mit der Schere zu malträtieren, schließlich ist eine Strumpfhose ohne Löcher keine Batcaver-Strumpfhose. Obligatorisch sind die Deathhawks der Batcaver, die ruhig farbig sein dürfen. Der Batcaver trägt Plateau-Boots, Weste oder Lederjacke. Auch kurze Blazer sind okay, wenn sie mit ausreichend Patches und Buttons verziert sind. Die Hosen sind eng, die Röcke kurz. Batcaver sind die Punks unter den Gothics und benehmen sich auch auf der Tanzfläche so. Allerdings nur unter sich. Sind andere Vertreter der Subkultur anwesend, tanzen sie vorsichtiger und rempeln auch nicht.
Cyber Goth
Der Cyber Goth ist das ungeliebte Stiefkind der Gothic Szene. Niemand findet, dass der neonfarbene Turbotänzer mit Plastikhaar und Knicklicht zur Schwarzen Szene gehört – außer der Cyber Goth selbst. Deswegen ließ er sich nicht davon abhalten, die schwarzen Tanzflächen zu stürmen und sich mit hektischem Formationstanz noch unbeliebter zu machen. Gothics mögen es introvertiert, ruhig, schwarz und dunkel. Man sieht eigentlich schon auf den ersten Blick, dass der Cyber Goth das genaue Gegenteil ist. Da Gothics aber sehr friedliebende Menschen sind, wurden die bunten Nervensägen toleriert, aber ignoriert. Nach und nach zogen sie sich aus der Szene zurück. Heute gibt es nur noch wenige Vertreter ihrer Art.
Steampunk
Der Steampunk gilt als kreativ. Zumindest war er das am Anfang. Echte Steampunks bastelten ihre Retro-Science-Fiction-Outfits im viktorianischen Stil mit viel Liebe zum Detail selbst. Dabei herrschte zwar eher die Farbe Braun statt die Farbe Schwarz, aber die Gothic Szene fand im Allgemeinen, dass Steampunk zu ihr passt. Immerhin waren die Fans dieser Strömung Verfechter der Do-it-Yourself-Kultur der 80er Jahre. Außerdem ging es um Fantasie, Parallelwelten und düstere Geschichten. Die Steampunks, die sich von den viktorianischen Outfits der Schwarzromantikern inspirieren ließen, tragen außerdem diverse düstere Symbole und Motive. Inzwischen bilden sie eine eigene Subkultur, werden aber in der Schwarzen Szene auch akzeptiert.
Metal Goth
Ob es den Metal Goth wirklich gibt? So ganz eindeutig ist das nicht, denn viele Gothics haben ihren Zugang zur Schwarze Szene über Metal gefunden, ohne sich aber großartig zu verändern. Insbesondere in den 90er Jahren rückte man durch Bands wie Paradise Lost, My Dying Bride oder Anathema näher zusammen. Death Metal, Death Doom, Gothic Metal, Gothic Rock und Neoklassik vermischten sich auf Festivals mit anderen Genres. Vor der Bühne standen Gothics und Metal Fans gleichermaßen. Es gab Schnittmengen bei der Kleidung, bei der Attitüde und der Musik. Mit Tod, Teufel und Theatralik waren auch alle vertraut. Keiner erschreckte sich vor dem anderen, auch wenn beide Subkulturen unterschiedliche Zugänge zur Musik haben. Während die Metal Fans extrovertiert und laut feiern, sind die Gothics eher introvertiert.
Im Zuge der Annäherung der Subkulturen erklärten Szenemagazine sanftere Bands wie Nightwish, Within Temptation oder Xandria kurzerhand auch zum Gothic Metal und Musiker boten der Fangemeinde mit Symphonic Metal und der Neuen Deutschen Härte weitere Möglichkeiten. Richtig vermischt haben sich die Metal Szene und die Gothic Szene nie, aber einem gegenseitigen Besuch steht nichts im Weg.
Wenn man sich ein wenig auskennt und genau hinschaut, merkt man jedoch, dass sich die Subkulturen unterscheiden. Im Metal sind zum Beispiel die klassischen Geschlechterrollen eher zu finden als bei den Wavern oder Gruftis. Außerdem gibt es Unterschiede im Verhalten und im Tanzstil. Auch hier sind Klischees natürlich nur Hilfsmittel und kein Gesetz.
Mittelalter Goth
Wie kam denn bloß der Mittelalterfan in die Schwarze Szene? Das haben sich sicher schon viele gefragt. Auch hier gab es nicht DEN Tag, an dem plötzlich die mittelalterlichen Gewänder Einzug auf Festivals hielten. Der Versuch einer Erklärung:
Sowohl Teile der Schwarzen Szene als auch Mittelalterfans lieben den romantischen Blick auf die Vergangenheit und haben einen Hang zum Fantastischen und Magischen. Hexen begegnet man zum Beispiel in beiden Bereichen. Mittelalterszene und Gothicszene lieben ihre Rückzugsorte als eine Art Realitätsflucht unter Gleichgesinnten. Gothics gehörten auf Mittelaltermärkten irgendwann zum gewohnten Bild. Sie fühlten sich inmitten von Rittern, Burgfräuleins, Orks, Hexen und Magiern wohl. Auch auf Larp-Veranstaltungen wechselten viele Gothics das schwarze Gewand gegen den Leinen-Dress und wurden im Rollenspiel zu Elfen, Hexen, dem leibhaftigen Tod oder anderen Figuren.
Schließlich holte man die mittelalterlichen Buden und Ritterfestspiele kurzerhand auf die Festivalgelände der Schwarzen Szene. Vorreiter ist zum Beispiel das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, das seit 1992 einen festen Mittelaltermarkt hat.
Musikalisch hatten Bands wie Rammstein (Neue Deutsche Härte) und In Extremo (Mittelalterrock) eine gewisse Ähnlichkeit. Auch Bands wie Faun, Corvus Corax oder Subway to Sally sprachen beide Szenen an. Die Mittelalterfans gehören also gar nicht zur Schwarzen Szene. Es besteht aber eine enge Verbundenheit und man respektiert sich gegenseitig.
Asiatische Einflüsse
Die neuesten Einflüsse, die in die Szene strömen, kommen aus Japan. Trends wie Manga, Anime und Cosplay sind optischen Vorbilder. Hierbei schwappen aber meist nur die dunklen Teile der japanischen Subkulturen herüber. Aus dem Cosplay, also der Darstellung von Figuren aus Computerspielen, Filmen oder Comics, schaffen es oft die Bösewichte. Ein großer Trend in der Schwarzen Szene waren und sind die Hörner-Kopfteile der dunklen Fee aus dem Fantasy-Film MALEFICENT. Die Lolita einer anderen japanischen Subkultur wird in der Schwarzen Szene zur Gothic Lolita und spielt auf düstere Art mit dem Aussehen der viktorianischen Porzellanpuppen. Auch Visual Kei, die Nachahmung von Musikern der JPop- und JRock-Szene, findet sich in der Gothic-Szene wieder - hier meist als Modestil.
Gothic Trends
Die Schwarze Szene besteht nicht mehr nur aus Oldschool-Gothics, sondern ist in den letzten 40 Jahren durch viele Einflüsse zu einer teils sehr bunten Zweckgemeinschaft geworden. „Zweck“ deshalb, weil sich nicht alle Subszenen mögen und sich auf Festivals deutliche Gruppen bilden, die auch zu ganz unterschiedlichen Konzerten und Veranstaltungen gehen. Dennoch akzeptiert man, dass große Festivals nur dadurch zustande kommen, dass durch die vielen Subszenen ein breites Publikum angesprochen wird.
Das geordnete Durcheinander bringt immer neue experimentelle Stilrichtungen hervor: Pastel Goth, Health Goth, Kommerz Goth, Plüsch Goth, Schickimicki Goth, Fairy Goth, Fetish Goth, Hippie Goth – die Spielarten sind unendlich. Richtige Subszenen sind das aber nicht, sondern lediglich aufflammende Hashtags in sozialen Medien.
Fakt ist, dass durch die vielen Einflüsse in der Schwarzen Szene die Schubladen eigentlich alle hinfällig sind. Es gibt noch einzelne Exemplare der definierten Gruppen, aber im Großen und Ganzen mischen sich Kleidungsstile, Musikrichtungen, Accessoires, Make-up und Frisuren wild durcheinander.
Mittelalter Goth
Wann die seltsame Symbiose von Gothic und Mittelalter passiert ist, weiß keiner so genau. Fakt ist, dass es inzwischen einige musikalische Gemeinsamkeiten dieser beiden Gruppen gibt. Außerdem lieben Gothics Mittelaltermärkte und integrieren sie sogar auf ihren Festivals. Auf dem größten Festival der Schwarzen Szene, dem Wave Gotik Treffen in Leipzig, ist das Heidnische Dorf ein beliebter Treffpunkt. Viele Gothic bewegen sich in beiden Szenen und legen für Larps und Lager ihre schwarzen Klamotten ab, um in Sack und Leinen zu schlüpfen. Musikalisch trifft man sich auf Konzerten von Subway to Sally, Tanzwut, Schandmaul oder in Extremo.
Asiatische Einflüsse
Gothic Lolita, Visual Kei, Cosplay: Die asiatischen Einflüsse auf die Schwarze Szene sind unübersehbar. Dabei haben die genannten Gruppierungen rein gar nichts mit den Ursprüngen der Gothic Szene zu tun. Die Gothic Lolita, die ein braves, düster gekleidetes Mädchen darstellt, ist eigentlich aus Protest gegen die freizügige Kultur der Gyaru in Japan entstanden. Visual Kei feiert die JPop- und JRock-Szene. Die Anhänger dieser japanischen Subkultur eifern optisch den Musikern dieser Musikstile nach. Cosplay bedeutet, dass man sich so kleidet und schminkt wie eine Manga- oder Comicfigur. Obwohl das alles nichts mit Gothic zu tun hat, haben die asiatischen Jugendkulturen einen optischen Einfluss auf die junge Generation der Schwarzen Szene.
Gothic Trends
Es gibt fast jeden Tag neue Gothic Trends, die über die Medien und die sozialen Kanäle ausgerufen und ganz schnell wieder vergessen werden. Der Health Goth, der Plüsch Goth, der Pastell Goth, der Geek Goth, der Ferry Goth: Der Fantasie sind bei der Namensgebung keine Grenzen gesetzt. Die meisten Trend-Bezeichnungen leiten sich vom Mix aus einer düsteren Basis und irgendeinem anderen Attribut ab. In Wirklichkeit gibt es aber keinen Vampire Goth, keinen Fetisch Goth, keinen Kommerz Goth und auch keinen Hippie Goth. Innerhalb der Gothic Szene sind die Bezeichnungen nur dann in Gebrauch, wenn man lästert. Und das tut man ziemlich oft – online und offline.
Waver
Toupiertes Wuschelhaar, schwarzes Kajal, roter Lippenstift, weite Klamotten und Pikes: Die Waver sehen aus wie Robert Smith und Siouxsie Sioux zu ihren besten Zeiten. Sie tragen Rosenkränze als Ketten, viele Armreifen und fühlen sich in Pluderhosen und weiten Hemden am wohlsten. Wenn es kalt wird, greift der Waver zum Blazer, der wahlweise mit Band-Buttons verziert ist. Frisurentechnisch ist Vieles möglich: gekrepptes Haar, Turm, Teller, Iro. Auch, wenn die Waver zu den Oldschool-Gothics gehören, sind sie nicht immer nur in Schwarz gekleidet. Robert Smith hatte in den 80ern auch hin und wieder bunte Hemden oder solche mit auffälligem Muster an. Waver greifen das gerne auf.