Alle Bewertungen von Stefan H.
Geschrieben am: 20.06.2015
Masters of Metal
Mit dieser Kritik schliesse ich mich den anderen Bewertungen an, das Album sollte man gehört und im Regal stehen haben!
Neben dem selbstbetitelten mein Lieblingsalbum von Metallica und für mich persönlich das farbigste der 1980er-Metallica. Vor allem die bis zur Unkenntlichkeit verfremdeten Bässe von Cliff Burton, die wunderschönen Melodien, die genialen Texte, das Wechselspiel aus Speed Metal, Soundexperimenten, Melodien, die sich in die Gehörgänge fräsen. Kein Wunder, dass damals Apocalyptica den klassisch anmutenden Wert der Kompositionen erkannt und gecovert haben. Eines der besten Metal-Alben aller Zeiten.
Geschrieben am: 18.06.2015
Frischer Wind im verstaubten Progressive Metal
Neben Alben wie "Songs for the deaf" von Queens of the Stone Age oder "Alive or just breathing" von Killswitch Engage eine der besten Veröffentlichungen im Jahr 2002.
"Deliverance" ist eine enorme künstlerische Verbesserung gegenüber dem Vorgänger "Blackwater Park". (Sollte man sich "Deliverance" zulegen, vorher noch "Still life" und "Blackwater Park" zulegen!!)
Opeth lösen jegliche kompositorische Schwächen.
Der erste Track ist als Opener gut gewählt. Er ist der schwächste und dient irgendwie dazu, dass man nach der "Einleitung" nun völlig ins kalte Wasser der Überraschungen getaucht wird.
Denn der Titelsong "Deliverance" (ein absoluter Geniestreich) beginnt mit vertracktem, monotonen und superagressiven Riffing, das sich beruhigt, versandet. Dann Stille. Plötzlich wehen wunderbare, klingelnde akustische Gitarren, die einen geradezu hypnotisch fesseln und spätestens ab diesem Zeitpunkt bis zum letzten Ton des Albums (auf den noch eine Art Hidden Track folgt) ist pure Spannung geboten. So, als würde man einen Thriller anschauen und man kann einfach nicht aufstehen, weil man wissen will, wie es weitergeht.
Das ist bei "Deliverance" so und selbst wenn man es einmal durchgehört hat, "muss" man es wieder hören. Und wieder. Wie einen Thriller, den man sich wieder anschauen muss, weil man vielleicht beim ersten Mal nicht alles gecheckt hat.
Jedenfalls ist bei "Deliverance" nicht nur absolute Spannung geboten, sondern pure Abwechslung und ein unermesslicher Variantenreichtum, der sich mit herkömmlicher Instrumentierung von Stimme, zwei Gitarren, Schlagzeug und Bass problemlos herstellen lässt. Ein paar Tupfer von Klavier und kurzen Effekten runden das ganze ab. Damit man ungefährt eine Vorstellung hat, falls man nicht weiß, wie Opeth klingen; klingt so, als würden Yes und die Kiss der "Elder"-Phase mit einer Death-Metal-Band ein Album aufnehmen. Porcupine Tree und 70er Jahre Rock wie z.b von Satori werden immer als Einfluss genannt. Aber das ist längst nicht alles. Man denkt an komplexe "And Justice for all"-Spielereien wie den Schlussteil von "Deliverance" der minutenlang metamorphiert, sich wandelt, Ballast abwirft, sich neu formt, bis man nur noch Staunen kann. Dann folgt Klavier, ein ruhiges Opening, akustische Gitarren erzeugen wohlige Stimmung. Riffgewitter und Melodie wechseln ebenso wie Grunzen und klarer Gesang. 2002 war das die Alternative schlechthin zur seichten und ideenlosen "Mainstream-Metalmusik" und sie ist es immer noch und hat zahlreiche Kopisten hervorgebracht. Auch ein Instrumentaltrack hat auf Deliverance Platz. Man denkt ein bisschen an "Planet Caravan" von Black Sabbath. Doch das war noch längst nicht alles. Alle sechs Tracks, die durchschnittlich ca. 10 Minuten dauern, sind höchst individuell und überraschen durch komplett neue Variationen und Möglichkeiten, wie man Metal-Riffs spielt, ohne nach Zahlen zu malen oder durch Wiederholungen zu langweilen. Ein Meisterwerk.
Geschrieben am: 16.06.2015
Tanzmetal vom Feinsten.
Würde ein wissenschaftliches Komitee Musik suchen, die sich am perfektesten zum Lauftraining bzw. Joggen eignet, würde ich für Rammstein auf jeden Fall stimmen. Nicht nur Tanzmetal, sondern auch Laufmetal, ist das Debut meinem Erachten nach das beste Rammstein-Album. Da ist noch Frische spürbar und viele Ideen. Rammstein waren gerade aufgebrochen, um die deutschen Charts und dann die USA zu erobern und mit Korn oder Orgy zu touren sowie dann den Rest der Welt zu erobern.
Meine persönliche Meinung ist: sie hätten sich alles nach "Sehnsucht" zwar nicht sparen können, aber die ersten beiden sind die besten Alben und "Herzeleid" verdient im Rammstein-Spektrum wohl die Goldmedaille.
Eine deutsche Band nimmt für ihr "New Metal-Rezept" etwas andere Ingredienzen als bspw. Korn: einen Gesang wie bei Laibach, stampfenden Elektro-Techno sowie die Tradition der neuen deutschen Welle. Die Riffs haben viel mit Prong gemeinsam. Ugly Kid Joe fallen mir manchmal ein.
Wenn ich dazu nicht bange oder tanze, dann laufe ich zu "Herzeleid" mit. Wohl einer der besten Motivationstrainer. Marschmusikhaftes sowie discohaftes Stampfen mit montonem Gesang und stotternden Riffs. Fürs Fitness-Studio ist "King" von Kollegah besser geeignet, für die Party daheim leg ich lieber Fraktus auf.
Geschrieben am: 16.06.2015
Must-Have für jeden Rock-Fan
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle bzw. der Stile.
2004 war irgendwie langweilig. Irgendwie keine nennenswerten Veröffentlichungen. Deshalb forschte ich ein wenig und hörte coole 80er Alben von Killing Joke, Nick Cave, Kiss oder DAF. Weil irgendwie nix Gscheites rauskam auf dem Rock-Sektor..
Dann jedoch die Neue von Jimmy Eat World.
Verliess monatelang weder die Anlage noch meine Gehörgänge bzw. Gehirnregionen.
Weil alles drauf ist, was ein gutes Rockalbum braucht: Melodie, Tempo, Tiefgang, balladeske Passagen, ruppige Indie-Härte, Lärm, prägnante, unaufdringliche Soli sowie ein Klangspektrum und eine Variationsbreite an Stilen, die sämtliche Mitstreiter im Rock alt, fad und ideenlos aussehen lässt.
Jim Adkins singt und schreit über soziale Missstände, Drogensucht, Liebe und andere Themen. Harte, lärmende Riffs wechseln sich ab mit sanften, zerlegten Akkorden. Kurz tauchen auch Klavier und Streicher auf. Power-Pop folgt auf Metal, Emo auf eine Ballade. Doch das sind nur Etiketten. Das Werk "Futures" braucht nicht mit anderen Bands verglichen oder mit Stilen etikettiert zu werden. Das Rock-Album des Jahres 2004.
Geschrieben am: 16.06.2015
Klassiker.
Als "Recipe for hate " rauskam, gabs kein Youtube geschweige denn Internet.
Man hatte DealerInnen, welche einem Alben auf Kassette überspielten oder man durfte sich die Compact Disc ausleihen zum Selber Überspielen. Oder man kaufte sich das Teil.
Bei "Recipe for hate" war der Kauf eine gute Entscheidung.
"Das hört sich an wie Nirvana, nur der Gesang ist freundlicher und harmonischer, nicht so ruppig", "das klingt echt geil", hörte ich damals. Bis ich mir das Teil auf Kassette überspielen konnte, vergingen, soweit ich mich erinnern kann, ein paar Tage. Ich hörte in der Zeit eben gerade Nirvana und ein Best-Of-Album von Black Sabbath.
Ich hatte in Nicht-You-Tube- und Nicht-Internet-Zeiten eine Vorstellung, eine Idee. Ich versuchte, mir das vorzustellen, wie sich das anhören könnte. Ich bekam eine Art Hungergefühl nach derMusik, die ich noch nicht kannte. Ich war echt gespannt und neugierig. Und meine Erwartungen wurden übertroffen. Das war eine Erleuchtung. Spätestens bei "American Jesus", einem der größten Punkrock-Hits aller Zeiten, war ich wie weggeblasen. Die restlichen Tracks können locker mithalten und das Album wird bestimmt durch eine große Vielfalt an Spielweisen und Instrumentierungen, Gesangsstilen und Tempo-Wechsel. Eben ein gelungenes Bad-Religion-Album. Später lernte ich dann The Offspring kennen. Bis auf die beiden konnte ich mit dem restlichen Punk-Rock der 1990er wie Millencollin oder NOFX nie so richtig warm werden. Vielleicht weil ich keinen Bock auf Skateboardfahren hatte.
Dennoch: das Album ist eines der besten Rock-Alben der frühen Neunziger!
Geschrieben am: 04.06.2015
Gothic-Metal mit Hang zum Pop.
"Aoede" war der Auslöser, mir das Album zuzulegen.
Auf einem Sampler gehört, dachte ich zuerst nach, wer das ist. Klang wenig nach dem "Tanz der Schatten". Theatre of Tragedy. Aha.
Ich konsumierte den Track wie eine Maxi-Single. Die Melodien gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Selbst wenn der Refrain fast etwas zuviel prolongiert wird am Schluß, die schöne Melodie will man immer wieder hören.
Ähnlich geht es einem bei so Tracks wie "The Sun & The Rainfall" von Depeche Mode oder "The Diamond Sea" von Sonic Youth. Sie gehen direkt zum Bauch und von dort in den Kopf. Eine melancholische, aber dennoch schon ein bisschen heitere Melodie, ähnlich wie bei dem "Wish"-Album von The Cure.
Mit dem Unterschied, dass bei "Aegis" verschiedenste Keyboardklänge mit harten, aber weder rasenden noch walzenden Gitarrenriffs kombiniert werden. Eher vom Härtegrad wie bei Type O Negative oder Paradise Lost. Den zweitgenannten sind viele Bands auf ihrem Weg vom langsamen Death-Metal auf dem Debut "Lost Paradise" bis zum dunklen Synthie-Pop von "Host" gefolgt. Auch Theatre of Tragedy sind immer mitgegangen, dicht auf den Fersen und empfänglich für neue Ansätze. Im Gegensatz zum Vorgänger "Velvet Darkness They Fear" verschwindet Raymond Rohonyis Grunzen und Sprechen und wird über weite Strecken von einem etwas theatralischen, leicht melodischen, fast gesprochen wirkenden Gesang abgelöst, der sich mit Liv Kristines engelsgleicher Feenstimme "duelliert". In "Aoede" ist die Kombination von den Stimmen der beiden, die Melodie und die Kombination aus langsamen, rotierenden Riffs und opulenten Keyboards, welche von Klavier über verhallende Töne, von Streichern bis zu atmenden Art of Noise-Keyboards variieren, am besten gelungen. Aber "Aoede" ist einer unter mehreren Höhepunkten; nicht der einzige Song, der sich wunderbar in die Gehörgänge schraubt. Im Vergleich zu Nightwish sind Theatre of Tragedy weniger "stadiontauglich", sie gehen das Ganze vielleicht eine Spur differenzierter an und nähern sich so Strukturen und Klanggebilden, welche Kate Bush auf ihrem "Hounds of Love"-Album (einem der besten Alben der Popgeschichte) ausprobiert hat. Weitere catchy Songs sind z.B. "Cassandra", "Poppea" oder "Lorelei", welche wie alle Songs verschiedene Frauenrollen im tragischen Theater thematisieren. Wem Nightwish oder Within Temptation zu opernhaft und zu wenig poppig sind, der höre "Aegis" von Theatre of Tragedy.
Geschrieben am: 03.06.2015
Horrorfilm-Retro-Sabbath-Doom
Würde man, zugespitzt formuliert, eine Antithese zu zuckerlrosa Bubble-Gum-Popmusik, oder sagen wir vielleicht, Helene Fischer suchen, würde ich vielleicht für Electric Wizard stimmen.
Im Stoner-Rock-Spektrum sind sie bei den Bands angesiedelt, die wie noch langsamere, noch schwerere und dunklere Black Sabbath klingen und ganz viel Doom Metal integrieren, also wenig gemeinsam haben mit Queens of the Stone Age, welche in ihren Stoner Rock mehr Tempo sowie eine Prise Pop integrieren.
"Let us prey" klingt in jeder Sekunde düster, albtraumhaft, surreal, wie eine Drogenhalluzination. Wie ein Horrorfilm, wo die Schritte des Verfolgers langsam wie das Schlagzeug stampfen. Die Riffs schleppen sich dahin, monoton und schwer, sie rauchen förmlich und bewegen sich in einem nebligen, undurchsichtigen Raum. Man fühlt sich etwas an Cathedral, Orange Goblin oder ähnliche Stoner-Bands erinnert. Die Stimme ist stark verzerrt, singt über Okkultismus, Horror, Drogen, Magie. Electric Wizard setzen in den 1970ern an und erweitern den Sabbath-und-Konsorten-Sound. Sie definieren einen neuen Sound mit Retro-Ästhetik. Alle sechs Tracks marschieren langsam und bedrohlich, aggressiv und leicht wahnsinnig dahin. Das fünfte Stück besteht aus Schlagzeug und Klavier und kommt ohne Gesang aus, klingt aber genauso düster wie der Rest des Albums, für das man eine ganz besondere Stimmung braucht, um es zu hören. Für Horrorfilm-Fans ein Muss.
Geschrieben am: 03.06.2015
Positive Überraschung
Nix gehört vorher von ihnen. Einfach den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Nur so eine marginale Kritik, Biffy Clyro würden Prog-Rock in eine Foo Fighters-Form giessen oder so ähnlich.
Ja, Prog-Rock, ich verwende den Begriff einfach mal, jede(r) wird sich irgendwas dabei vorstellen, wenn er sie ihn liest, kommt schon vor.. nur halt sehr kompakt. Was sehr gut ist. Die Gitarrenarbeit ist bemerkenswert. Akkorde werden zerlegt, ein Riff wird zerbröselt, AC/DC-hafte, pfeilschnelle Leadgitarren tauchen auf, dann Sonic Youth-Lärm. Dann erinnert man sich an Dredg und ganz kurz dachte ich mal an Maximo Park. Spanische Bläser und Dudelsäcke dürfen mal mitrocken. Man denkt an Dredg, Queens of the Stone Age, Mew oder And You Will Know Us by the Trail of Dead, zumindest, was die Gitarrenarbeit betrifft. Ab und zu führen einen die Strukturen kurz in die Irre, so wie bei "And justice for all..." von Metallica, um einen dann wieder rechtzeitig zurückzuholen, um den Refrain mitzusingen. Nix klingt berechnet. Die drei sind ein eingespieltes Team. Die Stimme ist auch gut, klingt eigenständig und lässt sich schwer mit jemanden vergleichen (ich hab so lange nachgedacht, aber mir ist niemand eingefallen..hehe) Bass, Drums, Gitarren, Stimme. Ein Trio, dass manchmal den Eindruck vermittelt, Proberaumgejamme würde unmittelbar in Songs gegossen. Aber die Gitarren sind doch ungeheuer komplex, weil man vielleicht von der Kürze der Songs etwas irritert ist. Aber hier liegt eindeutig die Würze in der Kürze. Die Refrains reissen einen mit und die Melodien kristallisieren sich wunderbar langsam mit jedem Hördurchgang immer mehr heraus, sodass man nicht zu früh gesättigt ist und mit jedem Hördurchgang immer mehr Lust darauf bekommt, das Album nochmal zu hören.
Geschrieben am: 03.06.2015
Für Fans und Neugierige
Eher neugierig gewesen als Fan... Die Demaskierung und Verlautbarung des Stone Sour-Projekts vor mehr als 10 Jahren war überschätzt, es hat nicht so gezündet.
Deswegen ein bisschen skeptisch.
Retro-Postmoderne-Kultur. Alles wiederholt sich. Sich zu schminken und zu maskieren, wiederholt sich. 9 Menschen haben vielleicht das "Ich bin ich" gelesen und Masken und Outfit gebastelt. So wie Batman z.B.
Hype hin oder her. Sell-out von Death-Metal. et cetera. et cetera. Der Wu-Tang-Clan des Metal, dachte ich oft.
Warn Slipknot Kopisten, die von Kopisten umgeben waren/sind? Lassen wir das. Die ersten beiden Alben, reduziert man sie auf die Musik und gibt das ganze Drumherum weg (siehe Marilyn Manson...), dann sind die beiden ersten Alben durchschnittlich bis gut.
Das dritte Album ist ein Meisterwerk.
Aber weg jetzt von der Slipknot-Thematik.. es geht um Stone Sour, die Band von Corey Taylor.
Ich wurde neugierig, da Taylor es in einem Interview als Synthese von Alice in Chains und Pink Floyd angekündigt hatte. Also eigentlich ein Grund, die Finger davon zu lassen. Nicht weil beide Bands oder Stone Sour schlecht wären. Alle drei nicht ohne, nur, meinem Erachten nach kann das a) wieder nur Retro bedeuten b) werden Pink Floyd gehypt seit Jahrzehnten, dass es schlimmer nimmer geht. Das einzig gute Album ist das mit Syd Barrett (!!!) Nun.. ich wurde trotzdem neugierig und tastete mit den Ohren das Album ab, wo etwas nach den beiden Bands klingt (kleine neurotische Anwandlung..), das war kurz im dritten Track ("A Rumour of Skin"), dem mitreissendsten, mit dem besten Refrain der Fall und im vierten ("The Travellers Pt. 1"). Der Konzeptalbum-Gedanke ist natürlich auch etwas, was einem Album oft gut tut.. die Story, die Novel, das Design. Ein schönes Konzept. Produziert hat das Album meinem Erachten nach David Botrill, der schon durchschnittlichen Bands wie Godsmack oder Mudvayne zu guten Alben ermöglicht hat und ihren Sounds einen Tool-Prog-Rock-Anstrich gegeben hat, ohne dass sie sich in 10-Minuten-Spielereien verloren hätten. Das merkt man auch bei Stone Sour. das experimentelle Element wird in kompakte, kurze Songs integriert, alles ist gebündelt, mit Melodien rockt und metallt schön. Die LP hat sich auf dem Plattenspieler wochenlang eingenistet.
Gutes Album.
Max Cavalera hat über den Produzenten Ross Robinson einmal gesagt, er wäre bei den Aufnahmen zum Soulfly-Debut (auf dem zweiten Album ist ja Corey Taylor zu hören..) wie ein Fußballtrainer gewesen, welcher die Band anfeuert und zu einem guten Album verhilft, ihnen gewisse Herangehensweisen an ihren Sound vermittelt hat. Das beste Slipknot-Album, "Vol. 3 Subliminal Verses", das alle anderen Slipknot-Alben in den Schatten stellt, hat Rick Rubin produziert. Auch David Botrill hat gute Arbeit geleistet. Oder waren es Stone Sour?
Geschrieben am: 03.06.2015
Kommerz im Underground
Als "Enthrone Darkness Triumphant" mit seinem schwarz-grünen, dunklen Cover, auf dem eine Alister-Crowley-ähnliche Figur symmetrisch die Arme ausbreitet, rauskam, war ich 15 Jahre alt. Aus dem Ministranten-Business schon längere Zeit ausgestiegen, machte sich spätestens bei der Firmung nietzscheanische Skepsis dem Christentum gegenüber breit.
Nirvana waren weg, Metallica wieder da, Alice in Chains noch da. Das war alles ganz spannend, aber ich wollte noch extremere Musk kennen lernen.
Mehr vom forbidden stuff.
Marilyn Manson war inhaltlich nahe dran; mein jugendliches Differenzierungsvermögen zeigte mir formale Unterschiede auf zwischen Dimmu Borgir und Marilyn Manson.
Damals war man true oder nicht true, pseudo, Whimp oder Poser. Besonders wenn Metal mit seinem Zwillingsbruder Hip Hop sympathisierte. Egal, ich legte "Enthrone Darkness Triumphant" ein. Innerhalb von gut einer Stunde war ich weggeblasen und hörte das Album noch einmal. Und noch einmal.
Eine musikalische Offenbarung. Meine Nackenmuskulatur war trainierter denn je. Komplettes Neuland. Großteils Speed-Tempo, wunderschöne Kombination aus sehr harten Gitarren, Bass, rasenden Drums und hymnischen Chor-Keyboards. Ein Rezept, das bald von vielen übernommen wurde.
Man wusste manchmal nicht, wer die Überhand nimmt, Keys oder Saiteninstrumente, aber die Mixtur war immer ausgewogen und nahezu perfekt.
Der dunkelgrüne Gitarrenstrom wurde druchbrochen von hellgelb leuchtenden Keyboardflächen, kristallinen Glocken, hellrotem Klavier. Das kontrastierte das ganze Album lang mit dem rasenden Tempo, das einem keine Zeit liess, mit dem Headbangen aufzuhören. Ein paar Mal treten Dimmu Borgir aufs Bremspedal, Frauenstimmen melden sich wie bei Cradle of Filth. Die verzerrte Satanstimme klingt so wie die Stimme auf einem Ugly Kid Joe-Album, dachte ich. Egal. Darüber, dass es stellenweise abgenutzter Speed Metal mit Plastikkeyboard sei und dass die klassische Komponente wie bei Therion banalisiert wird, darüber hatte ich keine Zeit zum Reflektieren. Geht auch schwer, wenn man gut eine Stunde lang mit dem Headbangen beschäftigt ist und dann nochmal von vorne anfängt. Und nochmal, weils so schön und so geil ist. Weil man da einfach nicht an irgendwelche Geschmackspolizisten denkt, wenn das Gefühl im Bauch richtig ist, man ein Ventil braucht, um sich abzureagieren und Dimmu Borgir mit ihrem Album die perfekte Musik dazu liefern. Gelegentlich wird wie gesagt das Tempo auch gezügelt, der letzte Track ist auf Norwegisch gekreischt, Borgir decken nicht nur reinen Black Metal ab, sondern ingtegrieren kurz Heavy-Metal-, Death-Metal und Gothic-Teile. Im Black-Metal-Underground war dies ein Sakrileg. Dimmu waren aufgrund des Erfolges Kommerz und nicht Underground, total untrue, pseudo und nicht true bzw. machten sich verdächtig, mit dem Kommerz-Satan zu sympathisieren. Wahrscheinlich war es Marilyn Manson.. egal, darüber hatte ich auch keine Zeit nachzudenken, weil ich mit Headbangen zu dem total empfehlenswerten Album-Klassikerbeschäftigt war.