Top 2 des Jahres: Nine Inch Nails mit Bad Witch

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Nine Inch Nails gelten schon seit Beginn ihrer Schaffensphase als wegweisend. Ein Umstand, der auf das Konto des Masterminds geht. Das Line-Up mag noch so oft wechseln, die Songs noch so zerfahren sein, die Genialität bleibt. „Bad Witch“ ist das Album auf Platz 2 des Jahres 2018 bei EMP. 

Nine Inch Nails, treibende Kraft, wenn es um Industrial geht. Seit viele Jahren schon – um genau zu sein seit 1988 – ist Trent Reznor das, was man als Heilsbringer bezeichnen kann und sogar muss. „Pretty Hate Machine“ ist wegweisend, „The Downward Spiral“ eine Offenbarung. „The Fragile“ steht für das, was der Name verspricht und spätestens seit Chas „Hurt“ gecovert hat, kennt man Nine Inch Nails. Doch immer wieder trifft man Menschen, die wahrhaftig davon ausgehen, dass eben „Hurt“ von Cash und nicht aus der Feder von Trent Reznor stammt. Sei es drum, der Mann ist seinen Weg gegangen und dies trotz seiner eigensinnigen Art, die er an den Tag legt. Interviews? Ja, gibt der Mann, wenn sie auch rarer gesät sind als Audienzen beim Papst. Große Worte? Eher weniger, denn Reznor verfolgt immer den Ansatz, dass der Hörer sich das Essentielle aus der Musik zieht.

Nine Inch Nails - Band

Nine Inch Nails sind schon lange nicht mehr nur Industrial wie es zu Beginn der Karriere war. (c) by Universal Music

Nine Inch Nails – Letztendlich nur Reznor als Konstante

Die Liste ehemaliger Weggefährten ist lang und glorreich. Richard Patrick, Sänger der Band Filter, hat sich hier seine Sporen verdient. Josh Freese trommelte und der Produzent Danny Lohner gehörte ebenso dazu wie Chris Vrenna oder eben seit neuerdings Atticus Ross. Gerade in ihm hat er den idealen Partner gefunden und beispielsweise den Soundtrack zu „The Social Network“ eingespielt. Academy Award on top gab es auch noch. Tja, was soll man hier noch erreichen und was einspielen. Reznor – im weiteren Verlauf nur noch als Nine Inch Nails tituliert – lebt sich aus und macht das, was ihm in den Sinn kommt. So gab es 2013 das letzte reguläre Studioalbum „Hesitation Marks“, bevor man sich etwas von der Bildfläche verabschiedete. Doch eine Trilogie sollte 2016 wieder Leben in die Bude bringen. Unter dem Namen „Not The Actual Events“ erschien der erste Teil. „Add Violence“ folgte im Jahr darauf. Und nun „Bad Witch“, was ebenfalls als EP ausgelegt war, aber zum Album mutierte.

Trent Reznor

Trent Reznor ist die einzige Konstante bei Nine Inch Nails. Über all die Jahre hinweg! (c) by Universal Music

„Bad Witch“ ist ein Meisterstück der plastischen Chirurgie

„Got a new face, it feels alright“ bellt Reznor beim Opener „Shit Mirror“. Einer zerfahrenen und gleichzeitig brillanten Nummer. Es ist ein Statement und gleichzeitig ein Versprechen, was Nine Inch Nails in den nächsten Minuten vom Stapel lassen. Ein neues Gesicht in musikalischer Hinsicht und quasi eine Neuerfindung der Band. Plastische Chirurgie kann einpacken, denn Nine Inch Nails zeigen, wie man ohne Skalpell ein neuer Mensch werden kann. Es werden unweigerlich Assoziationen freigelegt, die in eine Zeit zurückgehen, als Reznor mehr Drogen genommen hat, als ein normaler Mensch ertragen kann. „Not The Actual Events“ und „Add Violence“ waren gut, versprühten aber keinesfalls diesen Wahnsinn, der sich auf „Ahead Of Ourselves“ überträgt. „Play The Goddamned Part“ dagegen ist doomy und bildet Soundlandschaften. „God Break Down The Door“ ist geradezu eine Jazz-Offenbarung und fährt ein Saxophon auf, welches die Nummer zu einer abgedrehten und spacigen Nummer macht. Bowie-Gesang und man ist sprachlos!

Atticus Ross und Trent Reznor pose backstage at the 83rd Academy Awards in Hollywood

Nine Inch Nails Kopf Trent Reznor mit Atticus Ross. Ein erfolgreiches Duo. (by) Universal Music

Wenn man selbst or Jazz nicht Halt macht

Wer nach diesen vier Songs immer noch den Eindruck hat, dass Trent Reznor und Nine Inch Nails normal ticken, bekommt kurzerhand mit „I’m Not From This World“ die Quittung. An das instrumentale Werk „Ghosts“ erinnert, macht man unweigerlich klar, dass dies eben nicht der Fall ist. „Over And Out“ stellt den perfekten Schlusssong dar, welcher eine Platte nicht besser abrunden könnte. Xylophon-Klänge zu Beat-Computern und letztendlich ein Ausleben eines Mannes, der mit „Bad Witch“ wohl das beste Album in den letzten 10 Jahren abgeliefert hat. Für aufgeschlossene Menschen ein klare Empfehlung, für Sound-Enthusiasten Pflicht!

Kategorien: musik Peter Reviews

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