Lemmy Kilmister im Interview zum neuen MOTÖRHEAD-Album Aftershock

Lemmy Killmister - Motörhead

Lemmy Kilmister - mehr Kult geht einfach nicht. Seit 40 Jahren zelebriert er den Rock'n'Roll wie kein Zweiter auf diesem Planeten und veröffentlicht nun mit seinem bärbeißigen Baby Motörhead dessen 21. Studioalbum, das auf den knackigen Namen "Aftershock" hört. Apropos "nach dem Schock": Anfang dieses Jahres gaben Lemmys maroder Gesundheitszustand und die daraus entstandenen Konzertabsagen Grund zur Sorge, und die Netz-Gerüchteküche brodelte. Doch wen wundert's, dass auch eine lebende Legende wie Lemmy mal kürzer treten muss? Als Kostverächter ist er in seiner 40-jährigen Musikkarriere schließlich nie in Erscheinung getreten. Wir haben ihn einfach mal selbst gefragt, was derzeit Phase ist im Lemmy- und Motörhead-Lager.

Wohlgemerkt: Das Interview fand vor dem Motörhead-Gig auf dem Wacken statt, der nach nicht mal einer halben Stunde abgebrochen werden musste. Kam dann vielleicht doch ein bisschen früh für den rekonvaleszenten King of Rock, der hier noch mal in absoluter Coolnessvollendung post:
Lemmy Killmister - Motörhead

Macht gern einen auf (und hat auch eine) dicke Hose: Motörhead-Ikone Lemmy Kilmister (© Rykodisc)

Wir trafen den Maestro bereits im Juli in Berlin, wo er zwar noch etwas angeschlagen wirkte, aber durchaus guter Dinge war und uns voller Euphorie höchstpersönlich das neue Album vorspielte. Und jetzt mal ganz im Ernst und ohne rosarote Rockikonenverehrungsbrille: Dieser Mann ist der coolste Typ, den es gibt. Selten einen so angenehmen, interessanten und eloquenten Interviewpartner getroffen. Genug gesabbelt, höret den King höchstselbst:

Lemmy, du schaust gut aus. Geht's dir auch gut?
Yeah, mir geht’s jetzt wieder gut. Ich komme schnell wieder zurück. Der Anfang war schwer, aber wenn man erst mal den ersten Schritt auf der Leiter gemacht hat, wird es danach immer einfacher.
Die Leute waren vermutlich auch deshalb so besorgt, weil du mal gesagt hast, dass Motörhead nur dann eine Show absagen, wenn einer von euch richtig krank ist.
Nun, ich war ja auch richtig krank (lacht). Die Sache ist die: Ich mag es nicht, die Leute zu enttäuschen. Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen all dieser abgesagten Shows, aber ich konnte nichts daran ändern, weil ich im Krankenhaus lag. Aber jetzt geht's mir schon besser und wir werden Shows spielen, zu denen die Leute hoffentlich wieder kommen werden.
Es will ja aber auch niemand, dass du eine Show spielst und auf der Bühne zusammenbrichst.
Das stimmt. Alle waren sehr besorgt um mich und haben mir Genesungswünsche geschickt: „Lass dir Zeit, keine Eile, werd erst mal wieder gesund!” es hat mich wirklich beeindruckt, wie viele Leute mir so etwas geschickt haben. Hallo ihr alle, vielen Dank! Mein Herz ist bei euch.
Lemmy Killmister - Motörhead

Lemmy in Aktion (© Ray Ahner)

In harten Zeiten wie diesen erkennt man wohl, wie treu die Fans wirklich sind.
Mir war vorher gar nicht bewusst, wie viele Menschen mich lieben, das ist eine wunderschöne Sache. Man denkt ja sonst immer „ach, die mögen einfach nur die Band”. Aber zu merken, dass die Leute mich lieben, ist ein wunderbares Gefühl. Und jetzt ist mir das ein bisschen peinlich (lacht).
Dave Grohl hat mal gesagt, dass du der übelste Motherfucker der Welt seist...
Das ist nett von ihm. Es gab auch mal ein Shirt mit der Aufschrift „Fuck Elvis, Lemmy is the king!“, das war ziemlich gut. Irgendwer hat auch mal gesagt „Lemmy sollte Präsident werden“, aber da bin ich mir nicht so sicher. Ich hab echt schon eine Menge lustigen Scheiß gemacht in meinem Leben, aber nichts davon hatte etwas damit zu tun, mit Politikern in der scheiß Hauptstadt rumzuhängen und über irgendwelchen Bullshit zu diskutieren. Denn man weiß doch, dass man nur zehn Minuten braucht, um das alles zu checken – und den Rest der 14 Tage muss man sich dann anhören, wie diese Wichser drüber reden.
In all den Jahren kamen und gingen die Bands und Styles. Motörhead hingegen kamen und blieben. Warum?
Nun, weil es uns hier gefällt (lacht).
Ist ein Geheimnis eures anhaltenden Erfolgs, dass ihr eurem einzigartigen Sound immer treu geblieben seid in all den Jahren?
Ja, das ist wie bei jeder anderen Band: Du hörst einfach, wenn es die Beatles sind oder die Stones, weil sie einen charakteristischen Sound haben. Bei uns ist es genauso, nur sind wir „in die Fresse“-charakteristisch. Es ist aber einfach unser Sound, von daher werden auch all unsere Alben ähnlich klingen, weil es verdammt noch mal die gleiche Band ist, oder? Wenn einige Leute sagen, wir würden immer wieder den gleichen Song spielen, dann ist das einfach Schwachsinn. Das zeigt nur, dass sie nicht zuhören.
Motörhead

Born to rock: Mikkey Dee, Phil Campbell und Lemmy Kilmister alias Motörhead (© Rykodisc)

Auf eurer Website heißt es, dass das neue Album ein absoluter Meilenstein eurer Karriere ist. Stimmt's?
Ach, die werden dafür bezahlt, das zu schreiben.
Das ist also nur Promo-Sprech? Wie würdest du selbst das Album beschreiben?
Es ist ein gutes Album. Ich meine, ich mochte alle unsere letzten Alben, seit „Inferno“ sind wir wieder richtig gut dabei und gehen voll auf die Zwölf. „Aftershock“ hat aber mehr Tracks drauf, insofern ist es allein deswegen schon besser. Ich hoffe, wir können so weitermachen und uns weiter steigern.
Du hast mal gesagt, „wir werden alle zwei Jahre ein neues Album veröffentlichen“. Hattest du nie mit einer Schreibblockade oder Ähnlichem zu tun?
Schon, aber wir sind bei allem so schnell, dass auch die Schreibblockaden bei uns schneller vorbeigehen. Das bemerkt ihr gar nicht (lacht). Wenn ich eine Blockade habe, dann dauert die maximal zwei Tage – manch andere haben sechs Jahre lang Schreibblockade, was? Muss schlimm sein. Und ist ohnehin völliger Bullshit, denn kein wahrer Songwriter hängt so lange fest. Du kannst immer einen scheiß Rock'n'Roll-Song schreiben, das ist nicht so schwierig.
Und die Texte auf dem neuen Album – typische Lemmy-Kost?
Yeah, durch den Dschungel rennen, durch die City streifen, das Übliche.
Lemmy Killmister - Motörhead

In Rock-Rente gehen? Keine Option für Stil-Ikone Lemmy (© Rykodisc)

Und was kommt als Nächstes für euch? Die Tour?
Yeah, wir werden wieder losziehen. Wir werden es beweisen.
Was denn beweisen?
Dass wir unseres Status würdig sind. Wenn du eine verdammte Ikone sein willst, solltest du dessen besser würdig sein, oder?
Das hast du doch längst bewiesen!
Schon, aber nur bis zu diesem Punkt. Du bist immer nur so gut wie deine letzte Show.
Wie deine letzte Show oder wie dein letztes Album?
Deine letzte Show ist ja irgendwie auch dein letztes Album, oder nicht? Aber man weiß ja nie, was das letzte Album ist – bis du drei Jahre später entscheidest: „Ich werde ein neues Album machen!“ Doch selbst wenn ich nie wieder ein Konzert spielen könnte, würde ich für immer Alben aufnehmen. Sogar im verdammten Ganzkörpergipskorsett könnte ich noch ein neues Alben machen! Na gut, wenn es soweit kommen sollte, höre ich vielleicht auf (lacht).

Wenn etwas so fettes wie "Aftershock" dabei herauskommt, kann Lemmy von uns aus bis zum allerletzten Atemzug Motörhead-Alben machen - möge dieser noch mindestens 50 Jahre hin sein! Cheers, Lemmy Kilmister!

Lemmy Killmister und Ben Foitzik

Und hier der Beweis: Wir haben ihn wirklich getroffen. Und natürlich das obligatorische "Fuck you"-Foto gemacht, klar.

PS. Das war freilich nur ein Auszug des Interviews. Den kompletten Lemmy-Schnack habe ich freundlicherweise auf meinem Blog hinterlegt. Falls es jemanden interessiert. Rock on!

Kategorien: musik Ben

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