Festivals – Und das Phänomen „Besucher“

Festival-Banner

Da startet sie wieder die Festivalsaison. Jedes Jahr dasselbe Spiel: Man kauft sich Tickets, freut sich den Hintern ab, wenn es Richtung Festivalgelände geht und dann, ja dann steht man dort. Auf einem Acker um sich Bands anzuschauen, deren Sound unwürdig ist. Oder es pisst. Oder die Hitze macht einen fertig. Was aber noch viel schlimmer ist, sind manche Fans, die sich wirklich berufen fühlen, einem das Festival so komplett zu vermiesen. Wir machten mal sowas wie den Fan-Check. Wollten und ein paar Spezies etwas genauer anschauen und festhalten, was ihn ausmacht.

Der treudoofe Begleiter – Oder: der Mann für Alles

Man sieht sie immer wieder. Irgendwelche Weiber, die anscheinend nicht alleine vor die Türe können. Da kommt ein Begleiter doch gelegen. Kategorie: „Treudoof“ beziehungsweise „vielleicht komme ich heute mal zum Stich“. Die Handtaschen-tragenden Typen, denen wirklich das letzte bisschen Männlichkeit genommen wird. Nein, nicht genommen, die es quasi der Angebeteten vor die Füße geworfen haben. Ob vor der Toilette wartend, Getränke anschleppend oder in der Königsdisziplin „ich stehe hier bei einer Band, lächle, obwohl ich die Truppe mega scheiße finde, aber damit die Olle was sieht, darf sie beim Headliner die komplette Show auf meinen Schultern verweilen“. Nun, man fragt sich bei solchen Anblicken immer, was bei dem jungen Mann falsch gelaufen ist. Pure Verzweiflung? Den nächsten spreche ich mal drauf an.

Festival-Shoulder

Er findet die Band scheisse, die Olle aber geil! Sie hat nen Deppen gefunden und freie Sicht beim Headliner.

Der durchgestylte Besucher – Oder: Das Festival ist ein großer Catwalk

Wie ich sie liebe. Diese modebewussten Freaks, die drei Tage lang mit ihren begehbaren Kleiderschrank Gassi gehen. Fängt schon bei der Anreise an. Man wartet am Treffpunkt und dann kommt der Mitfahrende ums Eck. Im Schlepptau ein Trolly in der Größe eines Schiffscontainers. Auf die Frage was zur Hölle denn da nun drin ist, bekommt man ein zartes „nix Wildes“ oder „na weißt du wie das Wetter wird?“ zu hören. Auf dem Gelände angekommen geht der Zirkus weiter. Das Festivalbändchen passt nicht zum aktuellen Outfit und bei der Frage des Modeopfers ob man denn nicht ein Bändchen in einer anderen Farbe haben könnte, wird Fremdschämen zum Leitmotiv des Tages. „Nein, denn das ist das Bändchen für die Bands“, ist die Antwort an der Ausgabe! Die folgenden Tage sind gekennzeichnet von Genörgel wie „unter solchen Umständen kann ich mich nicht schminken“ beziehungsweise „Mist, nun habe ich doch wirklich das lachsfarbene Oberteil vergessen“. Aber wir wollen ehrlich sein und geben zu, dass es diese Kategorie von Festivalbesucher nicht nur als weibliche Version gibt. Zwischen Haargel, penibler Rasur des monatelang gezüchteten Dreitagebartes („Hey, ich habe so nen krassen Bartwuchs. Habe mich erst gestern rasiert“) und der Duftwolke aus Fußdeo und AXE „Wild Beast“, wird auch das fein säuberliche gebügelte „Motörhead England“-Shirt gefunden, obwohl der Kollege Lemmy mit Gollum verwechseln würde.

Festival-Fashion

Gut aussehen ist OK. Aber wenn das Festival zum Catwalk mutiert, wird es strange.

Der notgeile Besucher – Oder: Sex geht überall

Wie ich es hasse, wenn ich mit Gefühlsausbrüchen meiner Mitmenschen auf einem Festival geradezu penetriert werde. Nein, ich bin weder asexuell noch spreche ich Menschen das Recht ab sich zu lieben. Gerne dürfen sie das tun, denn die Geburtenrate lässt ja auch in Deutschland zu wünschen übrig! Aber bitte nicht vor mir, neben mir und nein, ich habe auch keinen Bock euer Gestöhne drei Tage als unterschwelliges Grundgeräusch im Ohr zu haben. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass der Sexualdrang bei manchen Kalibern ausgeprägter ist als der Harndrang. Da wird gefummelt, wild geknutscht und gepaart, was das Zeug hält. Abstufungen natürlich in jegliches Extrem denkbar. Von den Händchen-Haltern, bei denen man sich fragt, ob sie eine Wette mit Sekundenkleber am Laufen haben, den „ich strecke dir Dame nun seit drei Stunden meine Zunge in den Rachen obwohl eben Slayer spielen“ bis hin zu besagten Häschen, die der Gattung Leporidae – im Volksmund auch Kaninchen genannt – den Rang ablaufen könnten. Und um blöde Kommentare direkt im Keim zu ersticken: Nein, ich bin nicht neidisch! Ich will nur Bands sehen und das Festivalfeeling genießen anstatt den Eindruck zu gewinnen in einem Pornokino zu sitzen.

Festival-Kissing

Selbst Vanessa Hudgens kann es auf dem Festival nicht lassen: Rummachen! Macht das doch bitte zu Hause!

Der allwissende Besucher – Oder: Musikjournalismus auf dem Acker

Herrlich sind die Kollegen, die mit ihrem profunden Halbwissen auch jede Band ankündigen. Da werden Wikipedia-Einträge zitiert – meist noch falsch – und Geschichten aufgetischt, dass man jegliche Lust auf die kommende Band verliert. Ob nun das Gespräch mit „Die sind so geil, ich habe die schon 280 Mal gesehen“ beginnt oder „Also vor zwei Jahren haben die wirklich Alles gerockt“, ist egal. Schön sind auch „Gespräche“ über Phasen der Band („Also das Album fand ich mies“) oder das Auskommentieren von Besetzungswechseln, die so ziemlich jede Band mal hat. Unübertroffen aber der allseits beliebte Monolog über Slayer: Sei es zum Tode von Hanneman, dem Weggang von Dave Lombardo oder der Tatsache, dass Slayer ja mal wieder ein Album machen sollten, was aber eh nix wird, da „Seasons In The Abyss“ oder „South Of Heaven“ einfach unerreicht bleiben würden. Gedanken wie „Alter, geh sterben“ schießen einem durch den Kopf, dass man selbst peinlich berührt von diesen Gedankengängen ist. Nichts gegen Gespräche über Musik und nein, auch das Thema Slayer ist völlig OK, aber dann bitte mal einfallsreich, mit Fakten und vor allem dem Zulassen einer anderen Meinung. Danke!

Festival-Journalist

Journalismus von Fans sollte verboten werden. Dafür gibt es Magazine und Leute, die damit ihr Geld verdienen.

Der kollegiale Besucher – Oder: Alleine ist scheiße

Unbestritten die absolute Spitze und geradezu prädestiniert als „Krone der Lächerlichkeit“ ist der Fesivalbesucher, der den Zweitnamen „Herdentier“ haben könnte. Da geht nichts alleine. Fängt beim Einkauf für das Festival an, wenn mit einer immensen Laustärke der Supermarkt gestürmt wird. Die Gruppe zieht von Regal zu Regal um die letzten Dinge noch zu besorgen. An der Kasse wird dann die Rechnung von 478,22 Euro durch Zusammenlegen beglichen. Auf dem Gelände kommen alte Campingstühle zum Einsatz, welche Halbkreis-förmig drapiert werden, damit man beim kollektiven Saufen auch Passanten sichten kann. Mit zunehmenden Alkohollevel ist das Herdentier auch mutig, seine ansonsten dominierende Schüchternheit durch intelligente Äußerungen in lallender Form auszustechen. Was freut sich da die Frauenwelt, wenn man an einem Sammelplatz der Kollegen vorbei schreitet?! Ganz spezielle Anwandlungen haben auch manche Herren der Schöpfung, die einem ihre musikalische Meinung, ihren Fußball-Verein oder ihre Herkunft aufs Auge drücken wollen, was durch Zurufe der restlichen Kollegen aus dem Hintergrund verstärkt wird. Unangenehm wird es dann, wenn man nicht dieselbe Meinung vertritt und handgreifliche Aktionen zu befürchten sind oder sogar ausgeführt werden. Egal ob am Bierstand, auf dem Campingplatz oder in der ersten Reihe! Ekelhaft und absolut lächerlich. Kommt mal bitte alleine klar!

Festival-Group

Im Rudel stark, alleine meist ne ganz arme Wurst! Das Phänomen: Ohne euch bin ich nix!

Lasst euch aber nicht stören auf den Festivals von obigen Typen. Ausblenden und weitermachen! Festivals sind und bleiben spitze!

[yt]

Kategorien: musik Peter

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